Am Wochenende zu live8 gehen und sich über die bösen Politiker echauffieren, die alle die Dritte-Welt-Länder nicht retten mögen, und dann demnächst WASG wählen, um lustig Nationalwirtschaftlichen Protektionismus zu betreiben (selbstverständlich nur nach innen. Vor deutschen Waren muss niemand beschützt werden, right?). Für manch einen kein Widerspruch. Ich mein ja nur.

[file under: dies ist kein Wahlposting]

 
sach selber was   von Mama
 
middle_of_nowhere, 4. Juli 2005 um 22:41:18 MESZ

Hammse recht, Herr Mama. Bald sehen wir den deutschen Michel sich um den Rotzipfelzwerg Oskar ("Deutsche - lasst nur Deutsche für Euch arbeiten!") scharen, die 20% Gewerkschaftler, die im rechten Lager verortet werden, werden auch gerne mitgenommen, und Afrika - geschunden, fern, abstrakt - bleibt das moderne Äquivalent zum Ablasshandel.

Auch lesenswert hierzu: Streicht diese Hilfe (SPOn). Muss man nicht von A bis Z mit einverstanden sein, aber wenn es das live8-Spektakel so etwas wie "Awareness"-Potenzial hat, dann sollte man sich doch zumindest fragen, was aus gut Gemeintem wird, wenn man erst mal seinen Scheck unterzeichnet hat ...

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Mama, 5. Juli 2005 um 09:57:22 MESZ

Ach, ich weiß auch nicht. An sich finde ich es nicht falsch, Hilfe zu leisten. Aber es ist irgendwie lächerlich, dass das mit so einem guten Samariter-Gehabe eingeht, denn eigentlich haben die ehemaligen Kolonialherren eine Pflicht, Wiedergutmachung für ihre verbrechen zu leisten.

Die Life8-Geschichte bietet irgendwie keinerlei Ansätze. "Erlasst die Schulden". Ja, und dann Hungert keiner mehr? Da haben so viele LEute mitgemacht und trotzdem habe ich nichts kluges gelesen, wie man tatsächlich Afrika helfen könnte. Die Verantwortung wird an die Politiker weitergeschoben, das Gewissen mit der jährlichen Spende an Brot für die Welt erleichtert.

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middle_of_nowhere, 5. Juli 2005 um 12:44:33 MESZ

Es gibt überzeugende Stimmen, die sagen, dass Entwicklungshilfe den Status Quo zementiert, da sie von denen angenommen und verteilt wird, die die Macht haben; Gangsterregimes, Warlords, korrupte wasserköpfige Regierungen, denen ihre Völker schnurz sind.

Aber wie wäre die Alternative? Sobald man Geld im Sinne eines Systemwechsels instrumentalisiert (mal abgesehen davon, dass das unrealistisch ist), befindet man sich wieder in der manipulativen Kolonialherrentradition.

Wichtige Schritt wären wohl die weltweite Aufhebung sämtlicher Handelsschranken für afrikanische Produkte, die kostenlose oder zumindest radikal verbilligte Abgabe wirksamer Medikamente und pauschale Verbote von Waffenlieferungen auf einen Kontinent, der mehr als genug Kriegsspielzeug hat. Werden wir wohl kaum erleben.

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Mama, 5. Juli 2005 um 21:24:45 MESZ

Ja, es ist ja nicht die Hilfe das Problem, sondern die Korrupten stellen die die Hilfslieferungen entgegen nehmen.

Handelsschranken einseitig zu afrikanischen Gunsten aufheben, da wäre ich sehr für. Waffenlieferungen sind nach meiner Meinung egal wohin ein Problem und Kriege um Rohstoffe, bei denen große Konzerne aus zivilisierten Ländern als dankbare Abnehmer auftreten könnten auch ruhig eingestellt werden.

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middle_of_nowhere, 7. Juli 2005 um 12:12:19 MESZ

Noch mal SPOn zum Thema:

"Im Westen hätten nur wenige Politiker den systematischen Diebstahl des Reichtums eines ganzen Kontinents durch seine eigenen Politiker kritisch hinterfragt."

(Und durch unsere, wie pflichtschuldig hinzuzufügen ist.)

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wasweissich, 9. Juli 2005 um 01:31:08 MESZ

Wir kamen von der Veranstaltung "Make poverty history", die für den Schuldenerlass eintrat, aus Edinburgh und saßen im Zug nach Glasgow, da gerieten wir in eine Unterhaltung mit einem Mann, der nicht auf der Veranstaltung gewesen war. Er sagte: "I just met a few so-called globalization critics at Burger King. That's not very convincing." Da hatte er natürlich Recht.

Ich finde, es ist sehr schwierig, über diese ganze G8 Problematik samt Konzerten und Demos irgendetwas Letztgültiges zu sagen. Vielleicht nur, dass zu großer Zynismus gegenüber den Hilfsversuchen und Demonstrationen nichts bringt. Es gibt langweiligere oder sinnlosere oder zerstörerische Arten, seine Zeit zu verbringen. Das hat man dann ja auch prompt gesehen, denn mit den Terroranschlägen in London war das Thema Afrikahilfe ja sofort vom Tisch.

Ein Mann im Zug entgegnete dem Kritiker der Schuldenerlass-Demo: "Of course it is most likely that our demonstration won't make a difference, but it's our only option. If we continue to do it and more and more people join in, it just might make a difference someday"...

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Mama, 9. Juli 2005 um 17:24:04 MESZ

Da haben sie schon recht, aber das Problem ist ja folgendes: wenn man Kritik übt, weil einem das alles nicht weit genug geht, dann bekommt man ein "besser als nichts!" zurück. Naja, klar, aber vielleicht ist ja mehr zu fordern oder eine Debatte über das wie doch förderlicher. Es ist ja nicht so, dass die Schulden die Menschen hungern lassen.

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