Wandern 1: Hüttenhorror.

Mama: Und was machen wir morgen? T: Morgen fahren wir so gegen mittag mit der Seilbahn hinauf. Dann laufen wir auf ca. 2000 Meter Höhe, da ist es nicht so heiss. Dann übernachten wir im Prinz-Luitpold-Haus. Ich hab noch nie in einer Hütte übernachtet, ich will endlich mal dieses Hütten-Feeling mitbekommen.


An sich kein schlechter Plan. Autofahren bis zu unserem Startpunkt ist zwar bei 38 Grad etwas anstrengend, aber wir haben ja keine Wahl. Wenigstens geht der CD-Spieler im Auto nicht, so müssen wir nicht Ts Death Metal-Mukke ertragen. Im Radio kommt allerdings auf sämtlichen Sendern auch nur seltsame Schlagerkacke. Ein echter Dämpfer kommt in Oberstdorf: 8 Euro für den Parkplatz. Naja, dreist, aber was will man machen? Als wir die 8 Euro schon bezahlt haben stellen wir fest, dass die Seilbahnfahrt mit der Nebelhornbahn 15 Euro pro Person kostet. Ich beginne auszurechnen, was man alles mit 68 Euro machen kann. Aber egal. Ein Tipp nur: Falls ihr jemals zu dieser Seilbahn in Obersdorf kommen solltet, dann schaut euch mal kurz um ob da Videoüberwacht wird (ich hab nicht drauf geachtet). Wenn nicht, dann könnt ihr übers Drehkreuz sprin...äh... eine günstigere Möglichkeit suchen hochzukommen. Oben ist es recht angenehm, weil ein paar Grad kühler. Wir machen uns schnell auf den Weg, da sich direkt an der Seilbahn eine unangenehme Alpen-Senioren-Version vom Ballermann befindet, mit Seppelhut-Säufern und Marschmusik. Die Berge sind recht nett anzuschaun und so aber anstrengend zum drauf rumlaufen - Berge halt. Plötzlich sieht es extrem nach Gewitter aus. T telefoniert innerhalb einer Viertelstunde ca. 3x mit seinen Eltern, was uns recht stark amüsiert. Die möglichkeit ein Gewitter abzubekommen finden wir weniger amüsant. Zum Glück legt es sich wieder. Als wir den ersten Bergkamm erreicht haben, ist dank der extremen Temperaturen auch das erste T-Shirt völlig durchgeschwitzt. Ich entwickle den phänomenalen Businessplan, dass wir die Shirts mit den ekeligen Salzrändern entlang den Rucksackträgern irgendwelchen Vollökos als Naturbatik-Shirts verkaufen.
Nach einigen Stunden in denen wir immerhin eine Gruppe Gemsen und ein paar extrem übergewichtige Murmeltiere gesehen haben kommen wir an der Hütte an. Die wollen mal direkt 11 Euro pro Person für eine Nacht im Matratzenlager. Auf 6 Matratzen sollen 8 Leute schlafen. Uns schwant böses. Aber erstmal zum Essen. Das geht OK. Keine Abzocke zumindest.
Beim Essen erzählt ein Typ aus Düsseldorf, dass er in letzter Zeit dauernd am Wochenende in die Alpen fährt. Aus Düsseldorf übers Wochenende in die Alpen? Regelmäßig?? Jaja, sicher. Ich erkläre ihn für Verrückt, als er Weg ist. Der Abend wird nicht allzu lang, da wir alle sehr geschafft sind.
Ganz anders die Nacht. Vergiss alle Horrorfilme die du kennst. Vergiss Fernsehshows die von Wolfgang Lippert moderiert werden. Vergiss "Die Drews". Denn: eine Nacht im Matratzenlager auf der Hütte ist der wahre Horror.
Über 30 Leute im Dachgeschoss. Um 10 ist Nachtruhe, die ersten schnarchen schon vorher. Wir sind recht zeitig gekommen, weil wir schon vorher gesehen haben, dass sich unsere Bettnachbarn dreist ausgebreitet haben. Als wir liegen merken wir zum ersten mal, wie warm es dort oben eigentlich ist. Man kann seine Arme fast nicht neben sich legen, so eng ist es. Ausserdem ist das Bett für meine Körpergrösse ungefähr 5 cm zu kurz. Dauerndes drehen und wenden sind die Folge. T, der unbedingt mal das Hüttenfeeling geniessen wollte gibt nach einer halben Stunde auf. "So kann man doch nicht schlafen! Das ist doch viel zu eng! Das geht doch nicht!" - "Das ist glaube ich das Problem von uns allen hier!" tönt es aus der anderen Ecke des Raums. Naja, von fast allen - mindestens vier Leute schnarchen inzwischen lauthals. T geht zumindest raus zum schlafen. R war cleverer. Er hat sich dreist ausgebreitet und als der Bettnachbar kam und fragt:"Wo ist denn mein Platz hin?" stellt er sich einfach schlafend. Der Typ zieht von dannen und sucht woanders einen Schlafplatz. Nun ist zwar halbwegs Platz, aber das Schnarchen hört dadurch noch lange nicht auf.

Aber viel schlimmer als das Schnarchen ist auch diese Frau. Ich kann sie nicht sehen, ich will sie mir auch nicht vorstellen. Sie hat auf jeden Fall das Rezept gegen schnarchende Männer: Immer wenn jemand beginnt zu schnarchen oder nicht aufhört gibt sie drei laute Schnalzlaute von sich. TL TL TL. Und nochmal. TL TL TL. Wenn das und die andern 20 mal nicht funktioniert hat versucht sie es mit pfeifen. Pfhhüüüü. TL TL TL. TL TL TL. Niemand bringt es übers Herz sie aufzuklären, dass das gar nichts bringen wird und sie eigentlich alle außer sich selbst stört. Immer wenn ich gerade aufstehen und sie oder wahlweise mich selbst aus dem Fenster stürzen will, hört sie auch auf. Oooops. Es wird ja schon wieder hell. Ich habe doch noch gar nicht geschlafen. Es muss schon ca. 4 Uhr sein. TL TL TL. Nach einer Stunde drehenden vor mich hindämmerns kommt T zurück. "Wie spät ist es?" fragt eine Frau. "Viertel vor 6". Die ersten stehen auf. Ruhe. Platz. Ich finde doch noch zu zwei Stunden Schlaf.

 
sach selber was   von Mama
 
olly-o, 1. Oktober 2003 um 07:51:30 MESZ

can't beat the huetten-feeling

da hab ich ja was verpasst. wie stellt r. das nur an in solch kritischen situationen einen kuehlen kopf zu bewahren?

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Mama, 1. Oktober 2003 um 08:58:08 MESZ

Er hat einfach geschlafen. Kritisch war es an einem anderen Punkt, als er zwei Tage lang aus Verdruss quasi nicht gesprochen hat...

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