er will ja auch kein mörder sein. - wenn ich mir das vorstelle, messer ins herz, mal eben schnell. gänsehaut
... link
Was ich so gruselig daran finde: Recht viele Leute werden das Verhalten von Herrn P. wohl komplett nachvollziehbar finden. Klar, vielleicht nicht nach kurzer Überlegung, aber wenn ihnen so Leute auf der Strasse entgegenkämen... siehe auch in diesem Artikel:
So habe sich P. infolge seines „stets nach festen Bahnen verlaufenen Lebens“ in dem Moment, als „Maxim“ auf ihn zugetreten sei, in „Gefahr und emotional überfordert“ gefühlt.
Linksammlung beim Geeklog.
... link
Und die Staatsanwältin plädiert ...
auf Freispruch, denn „durch das Bild über Jugendliche in den Medien“ habe P. gedacht, er werde von Skinheads überfallen. P. habe aber „durch die Heftigkeit des Messerstiches den Tod billigend in Kauf genommen“.
... link
!
Sind dann also die Medien am Tod schuld? Weil die den alten Typen hysterisch gemacht haben? Den Tod billigend in Kauf genommen?
Da muss ich immer an eine Stelle bei Enzensberger in "Aussichten auf den Bürgerkrieg" denken:
Der Zug hält, und es steigen vier Kerle um die zwanzig ein. Die üblichen Lederjacken, die üblichen Stiefel. Sie sind ziemlich laut und reden in einer Sprache, die ich nicht verstehe, vielleicht Arabisch. Ihre Haltung ist herausfordernd, sie bewegen sich durch den Wagen, als seien sie auf der Suche nach Opfern. Sie kommen näher, und sofort fühle ich mich bedroht. Sie fixieren mich. Es kommt mir vor, als liege ein Überfall in der Luft. Dann gehen sie weiter, und mein Blick fällt auf die Gesichter der anderen Passagiere. Sie sind verbittert, wuterfüllt, von einer eigentümlich verzerrten Häßlichkeit. Die Sätze, die sie hervorstoßen, kenne ich nur zu gut. Sogar der alte Mann ist aufgewacht und murmelt etwas von Aufhängen und Abknallen. Nun sind es nicht mehr die Fremden, vor denen ich Angst habe, sondern meine Landsleute.
... link
ich dachte bei meiner bemerkung mal ganz körperlich, ichbezogen.
ein messerstecher kann mir viel erzählen, so ein messer geht nicht mal eben ins herz.
ich kann mich noch gut an die hassblicke erinnern, die man mir als punk entgegenwarf. feige manchmal, mit angst in den augen manchmal, aber wenn sie in der gruppe gewesen, da hätte man sich nicht lumpen lassen, es dem gesindel mal so richtig zu geben. nein, ausgestorben is das sicher nicht, im gegenteil, die zeiten sprechen für ein comeback des pöbels auf der strasse. was heisst comeback? was machen eigentlich die "national befreiten zonen"?
schönreden, fällt mir ein bei den pressegerichten. ich stelle mir grad vor, es wäre andersherum passiert: "als junger mensch brach eine welt zusammen, als ich all die verbitterten alten ossis sah, da stach ich zu, ohne zu wissen, wie es geschah. sie waren fremd, ich konnte nicht anders"
sicher, ich kann nicht beurteilen, was in dem fall hier genau vorgefallen ist, aber ich kann mir gut den bösen stich vorstellen. und dass die medien zu so etwas beitragen (ja, ja, die bösen, ich weiss, aber trotzdem, is doch wahr, jeden tag lokalpresse, "die polizei meldet", da sammelt sich viel böse welt im kopf), steht für mich ausser frage. das fängt mit den pauschalisierungen gegen ausländer als die immerverbrecher an und hört auf mit den jahrelangen schuldzuweisungen gegenüber türken, zigeunern und allen anderen andersfarbigen sozialschmarotzern, die uns die arbeitsplätze wegnehmen und unschuldige mädchen schwängern. dass man da mal lust auf ne abstecherei bekommt, wer hätte dafür kein verständnis. und rapper, wohlmöglich mit ner kappe und weiten hosen, die sehen doch alle aus wie türken. von wegen skinheads! zynischer und zugleich dümmer kann man als staatsanwältin wirklich nicht argumentieren, als ob die berichte von skinheads in der presse einen breiteren raum einnehmen würden als die ressentiments gegen ausländer. und so verdammt blöd kann doch niemand sein, um einen skinhead von einem hiphop-freak nicht unterscheiden zu können. wahrscheinlich doch.
btw fällt mir dazu eine beobachtung aus dem bekanntenkreis ein, dass freunde und bekannte von uns auf einem konzert mit vielen afrikanern den eindruck hatten, dass sie alle gleich aussähen. ich erinnerte mich dann daran, dass ich früher ähnliche schwierigkeiten hatte, aber durch meinen freundeskreis gehört das der vergangenheit an. wahrnehmung auf dem level biologischer konstanten, die nur durch soziale komeptenz relativiert werden kann?
... link
Ihre Vorstellung des verdrehten Tatvorgangs ist natürlich interessant, da sie überdeutlich die Absurdität der ekelhaften Argumentation aufzeigt. Allerdings kam mir gerade der Gedanke - zugegebenermassen ein ziemlich wirrer, fast schon paranoider Gedanke - ob dahinter nicht auch System stecken könnte. Denn diese dämliche Argumentation schreit ja geradezu nach einer umgekehrten Betrachtung. Und -zack- schon ist wieder das Bild des kriminellen Ausländers ins Hirn gehämmert, kann ja nicht sein, dass der alte ohne Grund zugestochen hat. Gut, ich glaube das ist jetzt wohl doch eher etwas zu abseitig. Das die Staatsanwältin zynisch argumentiert ist aber völlig klar. Wie sie richtig bemerkten, Berichte über brutale Skinheads halten sich doch sehr in Grenzen, das Bild vom kriminellen Ausländer wird da schon eher über die alltägliche Berichterstattung impliziert. Und das setzt sich in den Köpfen der Leute fest und zwar nicht nur in den Köpfen der dummen. Ich habe da schon elendig lange, verbissene Diskussionen z.B. mit meinem Bruder hinter mir, für den klar war, dass Ausländer natürlich krimineller als deutsche seien. Und mein Bruder ist ganz sicher nicht dumm, höchstintelligenter Typ eigentlich. Das könnte ich jetzt auch mit unendlich vielen Beispielen von Vorurteilen aus dem Bekanntenkreis fortsetzen. Aber fast keiner wird bestätigen, dass wir immer noch ein ziemliches Problem mit dem rechten Pack haben.
... link
wie weit der latente rassismus befreundeter intelligenter und auch toleranter menschen gehen kann, habe ich im rahmen einer hilfsaktion für die roma in nrw, die abgeschoben werden sollten und wurden, erfahren. gestaunt habe ich über die strikte ablehnung (tiefverwurzelte angst?). auch meine erlebnisberichte mit den roma, auch das argument, dass familien darunter sind, die seit mehr als 10 jahre in deutschland leben und sich sehr gut intergriert haben (jugendliche, die grad ihr abi machen etc), auch die erinnerung an den bisher in keinster weise anerkannten nazi-terror gegen sinti und roma, das alles konnte ihre betonseele nicht erweichen, ihren kopf nicht in bewegung bringen. die gehören nicht hier hin, wir wissen ja, was zigeuner anstellen, auf staatskosten hier leben, weg mit ihnen, basta.
... link
Das Urteil ist da: Freispruch
Tumulte im Gericht: Freispruch für Rentner, der Hiphopper erstach Tagesspiegel 28.02.2004
... link
... comment
kommentare
Ich glaube, wir haben das jetzt beide gemacht.
gHack, 22.06.21, 11:33
20jahre.antville.org
tobi, 22.06.21, 09:35
Ja klar!
Mama, 22.06.21, 08:10
danke für den schönen text. darf ich den auf 20jahre verlinken?
tobi, 22.06.21, 06:28
Ist das sowas wie i-mode?
Mama, 29.05.14, 00:00
Internet kann man ja neuerdings mitnehmen. Dass WAP sich doch durchsetzen würde...?!
fernsehratgeber, 20.05.14, 21:43
musik