Kulturflatrate vs. DRM

In der aktuellen Brand Eins befindet sich ein Artikel über die erheblichen Nachteile DRM-Geschützter Werke. Es wird ausgeführt, dass im Grunde nicht die Rechte der Künstler gestärkt werden sollen, sondern das Verhalten der Nutzer durch die Technologie verändert werden soll und der Konsum von Musik immer weiter in Kleinsteinheiten abgerechnet werden soll – jedes mal bezahlen, wenn man ein Stück hört wäre der Musikindustrie wohl am liebsten. Es steuert also mit DRM-Systemen alles auf eine erhebliche Veränderung hin: nicht mehr Musik wird gekauft, sondern das Recht, sie vorläufig zu Nutzen.

Ein anschauliches Beispiel wie das jetzt schon real abläuft ist der Fall von Shawn Yeager, der einen Haufen Musik bei iTunes kaufte, dann von den USA nach Kanada zog, woraufhin er seine Musik nach einem nicht reaktivieren konnte, weil er ja nun in Kanada wohnte, seine Nutzungsrechte allerdings laut iTunes-AGBs nur für die USA galten. Er hatte also keine Musik gekauft, sondern im Grunde nur die vorübergehenden Nutzungsrechte.

In dem Brand Eins-Artikel wird unter anderem auch auf die "Berliner Erklärung" hingewiesen [Kompensation ohne Kontrolle (PDF)], welche als Ausweg eine Pauschale für Breitbandzugänge ähnlich der Gema-Abgaben für Leerkasetten/CDs funktionieren soll. Der Ansatz ist nicht schlecht, die Pauschalvergütung würde dafür sorgen, dass alle zahlen und die Kriminalisierung der Nutzer ein Ende hat.

Allerdings ist völlig unklar nach welchem Schlüssel eigentlich diese Gelder verteilt werden sollen. Da ist einerseits die Rede von einer Werk-ID mit deren Hilfe man Downloads und Streams von Servern und in Filesharing-Netzen zählen könnte und andererseits von einer Nielsen-artigen Erhebung, also einer freiwilligen Erhebung aus einem repräsentativen Sample der Bevölkerung das wohl ähnlich funktionieren soll wie die Quotenmessung fürs Fernsehen.

Daraus ergeben sich nun erhebliche Probleme: von einer Erhebung in einem repräsentativen Sample der Bevölkerung profitieren letztendlich nur die wirklich großen Player im Musikgeschäft, das sich der Musikmarkt im digitalen Raum wohl immer mehr atomisieren wird, wie es in diesem Wired-Artikel von Chris Anderson ausführlich beschrieben wird. Wenn nun in regelmäßigen Panels die Daten weniger Haushalte erhoben werden, kann man sicher die Hits identifizieren, aber ansonsten erfasst man nur den Musikgeschmack von wenigen. Ein zweiter Denkfehler wurde eins zu eins aus der Argumentation der Musikindustrie übernommen: die Downloadzahlen von Servern oder aus Tauschbörsen spiegeln in keiner Weise wieder, ob diese Musik auch gehört wird. Poweruser laden sich Tausende von Stücken herunter, hören davon aber nur einen Bruchteil. Warum also sollte ich dem Künstler nun Geld für ungehörte Musik zukommen lassen? Umgekehrt betrachtet: ich habe schon ca. eine Millionen mal Adria – Cube gehört, es aber nur ein einziges mal heruntergeladen. Wo bleibt da die Gerechtigkeit bei der Verteilung?

Wegen diesen Problemen sollte man nun aber nicht gleich die Pauschalabgabe abschreiben. Denn wenn ich sowieso von allen DSL-Benutzern eine Pauschalgebühr erhebe, wieso soll ich ihnen dann nicht die Möglichkeit geben je nach ihrem persönlichen Geschmack Einfluss auf die Verteilung der Gelder zu nehmen? Wenn jeder User regelmäßig bekanntgibt, welcher Künstler oder welche Stücke ihm besonders gut gefallen, dann könnte man daraus doch einen ziemlich guten Verteilungsschlüssel ableiten. Dass eine solche Erhebung unmöglich ist möchte ich von vornherein bestreiten, denn gerade um die Poweruser geht es ja hier – und die sind sowieso am Netz. Und wenn sie schon pauschal zahlen müssen, dann wollen sie doch sicher zumindest Impulse geben, wer etwas vom Geld bekommt.

 
sach selber was   von Mama