Sind Sie ein Linker? Ich glaube schon. Ich komme nicht aus der Arbeiterklasse, auch nicht aus liberalen oder kapitalistischen oder tiefchristlichen Verhältnissen. In meiner Familie waren die wichtigsten frühkindlichen Beigaben, dass der Onkel in Russland liegt, der Vater kein Knie mehr hat und der Großvater keinen Arm mehr. Das schlimmste was meiner Familie passiert ist, waren die Kriege. Da geht es also eher um die Frage: Trägt die Politik, die gemacht wird, dazu bei den Frieden zu erhalten. Die Frage, was links genau ist, ist müßig geworden. Konkret? Es ist inzwischen gelungen, die Widersprüche, die wir früher innerhalb einer Gesellschaft hatten, innerhalb von Weltmachtblöcken zu organisieren. Das Klassengefälle, über das Marx und seine Nachfolger nachgedacht haben, war das zwischen bitterster Armut, Verrecken in den Höllen des Manchesterkapitalismus auf der einen Seite und dem feudalsten Reichtum der Großkapitalisten. Dieser Widerspruch heißt aber heute nicht mehr Bochum gegen Taunusstein, dieser Widerspruch heißt heute Deutschland gegen Ruanda. Also besteht der Widerspruch weiterhin. Ja, aber nicht mehr im alten Sinne, wo es "links" war, den Widerstand gegen die Ungerechtigkeiten innerhalb der Gesellschaft zu organisieren. Das ist Nonsens. Das ist keine linke Position. Links ist für mich eine Frage von Verteilungsgerechtigkeit, und die Aufgabe ist dann eher einen Dialog zwischen den armen Ländern und den reichen herzustellen und nicht in einem reichen Land die eine oder andere Partei zu unterstützen.

Friedrich Küppersbusch im Interview in der aktuellen Zitty 8/2006. Wie oft ich mir schon gewünscht habe, dass er das Interview führt und nicht eine dieser anderen Personen dort auf dem Bildschirm.

 
sach selber was   von Mama
 
typ.o, 23. April 2006 um 15:03:38 MESZ

Links ist für mich eine Frage von Verteilungsgerechtigkeit

hierzu habe ich mir aus dem papier-spiegel 21/2005 einen text von juli zeh rauskopiert, den ich sehr prima finde... julizeh.pdf

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Mama, 23. April 2006 um 18:27:36 MESZ

Ja, das bringt es schon ein wenig auf den Punkt. Löst aber leider auch noch nix. Aber hey: da wird das Problem schon etwas deutlicher. Und wenn man die Sache so betrachtet, dann sieht man die Grenzen zwischen den Parteien tatsächlich unter einem anderen Blickwinkel. Wobei das natürlich wieder von Problem wegführt.

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